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    Ein Hornschlitten entsteht / Fotos: Fritz Bieri jun. / Montage: Heinz Rieder

    Während meiner Schulzeit wurden in der Berglandwirtschaft noch sehr viele Arbeiten von Hand und mit einfachsten Geräten erledigt. An folgende Geräte kann ich mich noch sehr gut erinnern: "Mist-Bänne", "Pschütti-Böcki", "Gras-Bäre", "Hutte", "Räf", " Gabeli", "Redig", "Hornschlitte" usw. Mein Vater hatte neben einem landwirtschaftlichen Betrieb eine kleine Werkstatt, in der er als Wagner all diese Geräte herstellte. Bei diesen Arbeiten half ich tatkräftig mit und habe deshalb eine besondere Beziehung dazu.

    Kürzlich bat ich meinen Vater, mir doch einen kleinen Hornschlitten zu erstellen. Weil mich dieses Handwerk auch heute noch fasziniert, habe ich folgende Reportage erstellt:

    Während Sonntagsspaziergängen muss zuerst das geeignete Holz gesucht werden. Entlang von Waldsäumen oder an "stotzigen Pörtern" findet man am ehesten das gewünschte Holz: einen jungen Baum, welcher durch Schneedruck schräg verbogen wurde und sich im Laufe der Jahre wieder senkrecht aufrichtete. Voraussetzung für einen stabilen Hornschlitten ist ein „naturgewachsener Ahorn- Chrump". Wenn ein Baum mit dem richtigen Bogen gefunden wird, muss er gefällt und in der Sägerei zurecht gesägt werden. Danach müssen die Holzbretter mindestens ein Jahr gelagert werden.


    Fritz Bieri sen. mit passendem Holz / Foto: Fritz Bieri junior

    Mein Vater hat zwei gut gelagerte "Chrümpe" bereit für die weitere Bearbeitung. Einer für den "Lauf" (die Kufen) und einen zweiten als "Asetzlig" für die "Hore".




    Kufenholz für den Hornschlitten / Foto: Fritz Bieri junior

    Aus dem weniger stark gebogenen Holzstück sägt er zwei "Läufe" (Kufen) heraus.



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    Langchrump für Kufen / Foto: Fritz Bieri junior


    Kurzchrump für d Hore / Foto: Fritz Bieri junior

    Aus dem "Chrump" mit dem engeren Radius werden mit der Bandsäge zwei "Hore" ausgesägt.




    Horn sagen / Foto: Fritz Bieri junior


    Horn bearbeiten / Foto: Fritz Bieri junior Horn bearbeiten / Foto: Fritz Bieri junior

    Das Holz wird in die Hobelbank eingespannt, damit die "Hore gschnätzet u graschplet" werden können. Mit Schmirgelpapier erfolgt der letzte "Schliff".



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    Jöchli bohren / Foto: Fritz Bieri junior

    Mit einer Ständerbohrmaschine bohrt er in die "Jöchli" Löcher. Die "Jöchli" dienen als Verbindung zwischen den Beinen und den "Spränzle" (der Tragfläche).

    Eine Erklärung zu dieser über 50-jährigen Universalmaschine:

    Ein Elektromotor betrieb ursprünglich drei Geräte. Auf der rechten Seite über einen Keilriemen die Bandsäge. Dort montierte mein Vater ein "Holzpulli" um damit eine Ständerbohrmaschine antreiben zu können. Ursprünglich war auf der linken Seite des Motors eine Hobelmaschine stationiert, die ebenfalls mit einem Keilriemen angetrieben werden konnte.



    Bandsäge / Foto: Fritz Bieri junior

    Der Rechts- und Linkslauf der Bohrmaschine wird mit dem flachen Lederriemen bewerkstelligt, indem er normal oder gekreuzt aufgespannt wird. Auf der Bandsäge liegen zwei fertig gebohrte "Jöchli".




    Kufe bohren / Foto: Fritz Bieri junior


    Bohren / Foto: Fritz Bieri junior

    Vor dem kleinen Lederriemen, der das vertikal drehende Rad mit einem horizontal drehenden Pulli verbindet, hatte ich grossen Respekt. Dieser Riemen besteht aus zwei Stücken Leder, die mein Vater immer mit Lederschuhbändel verband. Wenn nun diese Lederriemen mit der Zeit spröde wurden, rissen sie. Im Moment des Risses erhielt auch ich, völlig unberechtigt und absolut unerwartet, einen "unerchanten Chlapf zum Grind"!




    Bein sagen / Foto: Fritz Bieri junior

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    sagen / Foto: Fritz Bieri junior

    Für die Schlittenbeine und "Jöchli" wird grundsätzlich Eschenholz verwendet.
    Das Aussägen der Schlittenbeine braucht Fingerspitzengefühl. Obschon diese Arbeit nicht gerade SUVA-konform aussieht, kann ich mich nicht erinnern, dass sich mein Vater oder ich an der Bandsäge ernsthaft verletzt hätten. Mein Vater belehrte mich mit folgenden Worten: "Du darfsch nid grediuse pfudere, muesch der Chopf bir Sach ha u eifach ufpasse!".




    Beschlag bohren / Foto: Fritz Bieri junior

    Im Laufe der Jahre schaffte er sich eine "moderne" Ständerbohrmaschine an, mit der er Löcher in die Flacheisen-Beschläge bohrt.




    anpassen / Foto: Fritz Bieri junior

    Die Flacheisen-Beschläge werden mit dem Hammer vorgeformt und anschliessend auf die Kufen geschraubt.




    Werkstatt / Foto: Fritz Bieri junior

    Auf diesem Bild ist die Werkstatt zu sehen. Ursprünglich war das die Schulstube der Unterschule Schmocken. Während meiner Schulzeit war dieser Raum als Kochschule eingerichtet und kürzlich hat ihn mein Bruder in ein heimeliges Bistro umfunktioniert.




    Beschlag anpassen, vorwärmen / Foto: Fritz Bieri junior

    Das Flacheisen wird vorgewärmt, ...



    anpassen / Foto: Fritz Bieri junior Beschlag anpassen / Foto: Fritz Bieri junior

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    ... und mit einer Schraubzwinge festgeklemmt, mit dem "Bohrwindel" vorgebohrt und mit Senkschrauben aufgeschraubt. Der Abschluss des Beschlages wird umgebogen.


    Zusammenbau des Hornschlittens / Foto: Fritz Bieri junior

    Nun sind die Kufen mit den Hörnern verbunden und die Beine in die Kufen gesteckt. Jetzt verbindet der Vater die beiden Hälften mit den "Jöchli" (Jochen).




    Hornschlitten Jöchli / Foto: Fritz Bieri junior Hornschlitten Gerippe / Foto: Fritz Bieri junior

    Zäpfli spitzen / Foto: Fritz Bieri junior

    Die Beine werden nicht einfach verschraubt, denn auch diese Verbindung erstellt er selber. Die mit der Bandsäge vorbereiteten kleinen Holzstücke schlägt er mit dem Hammer durch ein "Dübeleisen" (Stahlschablone).




    Spitzgerät / Foto: Fritz Bieri junior

    Verzapfen / Foto: Fritz Bieri junior

    Haselvorrat / Foto: Fritz Bieri junior

    Hasel bearbeiten / Foto: Fritz Bieri junior

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    1. Während meiner Kinderzeit habe ich mit diesem "Dübeleisen" unzählige "Zäpfli" in unterschiedlichen Dicken hergestellt. 2. Der Wagner "verzäpft" nun die Beine bei den Kufen und Jochen. 3. Lagerung von Haselruten in verschiedenen Dicken am Haus. 4. Er "schnätzet" die passenden Haselruten "Spränzle" und kontrolliert sie mit der Lehre auf den richtigen Durchmesser.



    Haseldurchmesser / Foto: Fritz Bieri junior


    Holzhammer / Foto: Fritz Bieri junior

    Mit dem Holzhammer schlägt er die "Spränzle" in die "Jöchli".




    Hasel in Joch / Foto: Fritz Bieri junior

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    Beatenberg Hornschlitten / Fotos: Fritz Bieri jun. / Bearbeitung: Heinz Rieder Waldrand

    Ich bin stolz und habe eine Riesenfreude an diesem Hornschlitten, den mein Vater in seinem 81. Lebensjahr für mich hergestellt hat. Fritz Bieri, jun.



    Hornschlitten fertig / Foto: Fritz Bieri junior

    Text und Bildimpressionen von Fritz Bieri jun.
    Webseite / Bildbearbeitung: Heinz Rieder
      Urheberrechte / Copyright   © http://www.beatenbergbilder.ch






    Eine interessante Homepage zum Thema Hornschlitten:


      Heutransport


    http://www.hornschlitten.de

    ... von klassisch bis modern ...


    Hornschlittenrennen






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